Kai Schimmelfeder´s Botschaft: Wirtschaft in der Corona-Krise: Jetzt an die Zeit danach denken

Die Situation der Wirtschaft durch die Beschränkungen in der Corona-Krise ist dramatisch und wird mit jedem Tag des Shut-Downs dramatischer. Klar ist: Die Wirtschaft braucht jetzt schnelle und unbürokratische Hilfe. Sonst droht rund einem Drittel der Unternehmen das Ende. Allerdings darf der Blick nicht bei der Soforthilfe verharren, Wirtschaft und Politik müssen auch an die Zeit „nach Corona“ denken.

 

In der aktuellen Situation brauchen die Unternehmen dringend, schnell und unbürokratisch Hilfe. Das wird aus allen Gesprächen mit Unternehmern deutlich. Allerdings sind Liquiditätshilfen in Form von Krediten aktuell der falsche Weg. Die Unternehmen werden durch die irgendwann fällige Rückzahlung der jetzt aufgenommenen Darlehen zusätzlich belastet. Das Rating wird schlechter, neue Finanzierungen schwieriger oder gar unmöglich. Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen aber zusätzliche Umsätze, die eine Rückzahlung solcher Unterstützungskredite ermöglichen, nicht zu erwarten sind.

 

Als Intensivmaßnahme für die Wirtschaft brauchen wir einen großen Wurf: Mindestens 500 Milliarden geschenktes Geld vom Staat sind nötig, um die Wirtschaft und die einzelnen Unternehmen zu retten. Das Geld wird zwar jetzt ausgegeben, doch mit einer anschließend florierenden Wirtschaft auch schnell wieder in Form von Steuerzahlungen in die Staatskassen zurückfließen. Das ist die einzige Lösung, denn die Alternative ist nicht besser: Eine langfristig siechende Wirtschaft, hunderttausende von Arbeitslosen und massive Unterstützungsleistungen, die der Staat zu finanzieren hat. Der auszugebende Betrag aus der Staatskasse ist mindestens genau so groß, aber die Unzufriedenheit und Unsicherheit der Gesellschaft ein Vielfaches größer.

 

Allerdings ist es mit der „Notoperation“ der Wirtschaft in der aktuellen Krise noch nicht getan. Wir müssen jetzt an die Zeit danach denken, denn auch da wird die Wirtschaft massive Unterstützung brauchen. Wir haben bereits heute eine Vielzahl von wirklich guten und wirksamen Förderinstrumenten. Um das quantitativ zu fassen: Wir haben über 5000 regionale, nationale und EU-Fördermittelprogramme in unserer Datenbank. Da ist für fast jedes Unternehmen, für fast jedes Projekt etwas dabei...

 

Die Unternehmen müssen sich jetzt für die Zukunft aufstellen, müssen neue Wege gehen und neue Projekte anschieben. Dabei müssen sie unter anderem die folgenden Zukunftsthemen im Blick haben:

 

  • Digitalisierung
  • Innovation
  • Energieeffizienz
  • Ökologie
  • Unternehmensgründung
  • Unternehmensnachfolge

Für diese Bereiche gibt es weitreichende Förderinstrumente. Allerdings müssen diese verändert und erweitert werden, um Antragsschwellen zu reduzieren und die Wirksamkeit der Förderinstrumente zu erhöhen.

 

Konkret bedeutet dies beispielsweise:

  • 100 Prozent Bundeshaftung (statt bisher 90 Prozent) bei Förderkrediten für Investitionen von Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern
  • eine 100-prozentige Bundeshaftung der Innovations- und Digitalisierungskredite (bisher maximal 70 Prozent),
  • 100 Prozent Personalkostenzuschuss bei Innovationsprojekten (bisher maximal 45 Prozent),
  • einen 100-prozentigen Zuschuss in den acht Fachprogrammen der High-Tech-Strategie des Bundes (bisher maximal 50 Prozent),
  • eine 100-prozentige Bürgschaft der EU/Bund im Gründerkredit Startgeld (bisher 80 Prozent) sowie
  • eine 100-prozentige Bürgschaft  der EU/Bund für den Gründerkredit universell (bisher maximal 80 Prozent).
  • Aufhebung der begrenzenden Antragstellung, wenn der KFW-Sofortkredit 2020 genutzt wird (Info: Wer den Sofortkredit nutzt, kann bis 31.12.2020 keine anderen KFW-Programme nutzen!)
  • Ergänzende Förderprogramme für die Vorgründungsberatung (Info: aktueller Gründungsmonitor 2019: Nebenerwerbsgründer gestiegen, aber Haupterwerbsgründer gefallen. Im Zuge der Corona-Krise und deren Bewältigung wird das Thema Gründung ein entscheidendes Förderthema, um zukunftsfähige neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu halten.)
  • Ergänzendes Zuschuss-Förderprogramm für das Thema Digitalisierung. Aufgesetzt auf dem Förderprogramm go-digital muss es höhere Projektzuschüsse geben, um die oftmals immateriellen Investitionen schneller und zielgerichteter in die Umsetzung zu führen.
  • Bürgschaftsbanken: Bisher liegt der Schwerpunkt der bundeslandspezifischen Bürgschaftsbanken auf Zeiten vor der Corona-Krise. Regionalspezifische Anforderungen von Unternehmen und Gründern/Startups brauchen seitens der 16 regionalen Bürgschaftsbanken eine gesonderte Programmplanung der Bürgschaftsinstrumente
  • EU: aktuell steht der mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFR) noch nicht fest. Hier müssen jetzt bereits die Corona-Wirkungen berücksichtigt werden, da die Planung des MFR von 2021 bis 2027 geht. In diesem Zeitraum wird es zu wirtschaftlichen und finanziellen Problemen der Unternehmen in der EU kommen, die jetzt bereits vorgedacht werden können und müssen. Die Mitgliedstaaten der EU geben prozentual aus den eigenen Haushalten an die EU unterschiedlich hohe Steuerabgaben für die ESIF (Strukturfonds der EU). Diese müssen bereits jetzt angepasst werden, damit sich die Staaten jetzt darauf einstellen und das einplanen. Die Wirkung ist dann in 2021 bis 2027.
  • Ein Sonderprogramm muss aufgelegt werden für die niedrigschwellige Innovationsförderung von Unternehmen bis maximal neun Mitarbeiter. Die Anzahl der Unternehmen in dieser Größenklasse ist ca. 3,3 Millionen und somit ca. 90 Prozent aller Unternehmen. Hier können durch die spezielle Förderung ausreichend neue Impulse gesetzt werden, um Digitalisierung, Logistik, Zulieferer, Produktion, Verarbeitung etc. schneller zu optimieren
  • Sonderprogramm für Familienunternehmen (Geschäftsführung innerhalb der Familie): Hier sind die meisten Inhaberfamilien mit ihrem Familienvermögen im Geschäft verbunden und tragen sehr hohe Risiken, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Im Gegensatz zu den Unternehmen, die ausschließlich die Anforderungen der Anteilseigner/Aktionäre erfüllen müssen, haben familiengeführte Unternehmen mehr Erhaltungsaufwand für die Unternehmensfortführung. Diese Familienunternehmen entscheiden ihre Investitionen oft für Generationen und nicht nach Aktienkurs. Um diesen wirklichen Arbeitsplatzmotor zu schützen, ist es sinnvoll ein spezielles Förderprogramm für familiengeführte Unternehmen aufzusetzen, die beispielsweise bei Maschineninvestitionen oder Digitalisierungsprojekten jetzt Sonderzuschüsse erhalten. Damit können weitere Wachstumsimpulse gesetzt werden, die Kaufkraft in der Bevölkerung erhöht und stabilisiert sich.

 

Diese Veränderungen wären – beispielhaft – ein gutes Signal an die Wirtschaft, jetzt neue Projekte anzuschieben, um in der Zukunft erfolgreich sein zu können. Natürlich bleibt die Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahmen, dass die aktuellen Liquiditätsprobleme schnell und unbürokratisch gelöst werden. Haben die Unternehmen durch konkrete Zahlungen in Form von geschenkten Zuschüssen die Sicherheit, die Krise überstehen zu können, können und werden sie sich den Zukunftsthemen zuwenden. Die beschriebenen Maßnahmen werden den Unternehmen den Start nach der Krise maßgeblich erleichtern – und damit der gesamten Wirtschaft und der Gesellschaft den Neustart.

  

Kai Schimmelfeder ist einer der führenden Fördermittelexperten in Deutschland und Sachverständiger für Fördermittel. Mit seinem Unternehmen feder consulting (Hamburg) berät er seit 25 Jahren kleine und mittelständische Unternehmen in ganz Deutschland und begleitet sie im Fördermittelprozess. Die von ihm aufgebaute Fördermittel-Datenbank beinhaltet über 5.000 regionale, nationale und europäische Programme, durch die Unternehmen Unterstützung bekommen können.

www.federconsulting.com

 

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